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Abschied vom Großbetrieb

Ein Reporter und ein ehemaliger Kraftwerksmitarbeiter erinnern sich an den Abschied vom Werk in Hagenwerder.

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© Förderverein Kraftwerk Hirschfelde

Der letzte Strom. Blockwarte 80, zehn Uhr. Die Männer erleben den schwierigsten Teil der Kraftwerksgeschichte. Nicht das Herunterfahren ist gemeint, das erfordert volle Konzentration. Die Gefühle sind es. Und die sind nur schwer zu beherrschen. Frust ist an der Wand ablesbar: „It's Partytime“ steht da in bunten großen Lettern. Darüber die Farbkopie des Karl-Marx-Ordens, den es in den 70er Jahren für die Leistungen der Kraftwerker von Hagenwerder gab. Blockmeister Hartmut Zachmann, seit 1963 im Werk, wird in wenigen Minuten den roten Abstellknopf drücken. Er weiß vom plötzlichen Überangebot an Energie, vom zu Ende gehenden Kohlevorrat, und schüttelt doch den Kopf: „Irgendwo ist Ohnmacht.“

Um 10.41 Uhr ist Schluss. Die Leistung steht auf Null, zeigen die Monitore. Was kommt, wissen nur wenige. Einige haben Termine für Vorstellungsgespräche, die meisten der letzten 608 Hagenwerder-Kraftwerker werden es im Westen Deutschlands probieren. „Kraftwerke kann man stilllegen, Kraftwerker nicht“, sagt Betriebsratsvorsitzender Bernd Schnabel.

Draußen entweicht ohrenbetäubend der heiße Dampf aus Turbine 80. Noch dreht sich die Maschine. Erst am Nachmittag wird es ganz still. Das Kapitel Energieversorgung Hagenwerder ist geschlossen.

Jörg Marschner, 01067 Dresden (begleitete als Reporter 1997 den Tag der Stilllegung vor Ort)

Der beste Dank. Mit der Stillsetzung des letzten Blockes am 28. Dezember 1997 ging im Energieschwerpunkt Hagenwerder endgültig das Licht aus. Die Erinnerung an vier Jahrzehnte Kraftwerksbetrieb in Hagenwerder kann nicht ohne die Würdigung der Menschen abgeschlossen werden, die diesen komplizierten und oft auch gefahrvollen Produktionsprozess bewältigt haben. Bei körperlicher und geistiger Belastung waren für viele Frauen und Männer Hitze, Staub und Lärm ständige Begleiter. Ihnen allen sei für ihren Einsatz gedankt.

Heinrich Haufe, 02827 Görlitz (von 1957 bis 1990 als Ingenieur im Kraftwerk Hagenwerder tätig)




Der große Knall

Der Gebäudekomplex Bunkerschwerbau/Maschinenhaus ist der letzte verbliebene Teil des Kraftwerkes Hagenwerder. Die Sprengung des Komplexes erfolgt am Sonnabend, um 11 Uhr. Wegen der enormen Sprengstoffmenge sind weiträumige Absperrungen erforderlich. Der Energiekonzern Vattenfall empfiehlt Schaulustigen eine gute Sicht auf die Aktion von der Nickrischer Straße im Gewerbegebiet Hagenwerder sowie auch aus der Ortschaft Leuba vom dort zu Fuß erreichbaren Querweg.

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